20.00-20.45   Claudia Benthien: "Die Performance der schweigenden Masse. Zur Kollektivität der Zuschauenden in Theatersituationen"  
  In der Kopräsenz von Akteuren und Zuschauenden in life-Situationen öffnet das plötzliche Innehalten der Darsteller einen wahrnehmbaren, atmosphärischen Raum. Das Verstummen der zuvor auf der Bühne Agierenden läßt das konstitutive Schweigen der Zuschauer hervortreten. Ihr Schweigen ist performativ, insofern es das Zuschauen - und das Zuhören - als Tätigkeit und Handlung thematisiert, es kollektiv darstellt: Schweigen wird nicht primär gezeigt, sondern vielmehr leiblich erlebt. Die Erfahrung von Kollektivität unter den Zuschauenden einer Performance oder Theateraufführung etabliert sich, so die Arbeitshypothese, insbesondere über (reale oder imaginäre) Körperlichkeit - seien dies eher unwillkürliche Regungen wie z.B. Atmen, Luftanhalten oder Schlucken, aktive körperliche Akte wie Klatschen, Trampeln oder Lachen, sei es auch nur das innere Gefühl der Gemeinschaft, wie in der sprichwörtlichen Menge die 'wie mit einem einzigen Ohr' gebannt einem Ereignis lauscht.


Claudia Benthien, Dr. phil, Assistentin am Institut für deutsche Literatur der HU zu Berlin, Studium der Germanistik, Amerikanistik, Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft in Hamburg, Berlin, St. Louis und New York, Tiburtius-Preis des Landes Berlin, Visiting Scholar an der Columbia University (New York) und Research Fellow am Warburg Institute (London) und an der Herzog August Bibliothek (Wolfenbüttel), Publikationen: Haut. Literaturgeschichte - Körperbilder - Grenzdiskurse, Reinbek 1999; Skin. On the Border between the Self and the World, Columbia University Press 2001, im Druck; Emotionalität. Zur Geschichte der Gefühle, Köln/Weimar 2000; Hg. mit A. Fleig und I. Kasten); Körperteile. Eine kulturelle Anatomie , Reinbek, 2001, Hg. mit C. Wulf.